von Karin Wilke, Vereinsvorsitzende

Dieser Beitrag ist die Reaktion auf ein Interview, welches der sächsische Politiker Oliver Schenk (CDU) der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) gegeben hat (siehe HIER…). Diese Gedanken wurden der FAZ in einem Leserbrief zur Kenntnis gegeben.
Wenn es nach der Sächsischen Staatskanzlei geht, soll der öffentliche-rechtliche Rundfunk die Wähler einer Konkurrenzpartei mit Nadelstichen aus ihrer Filterblase befreien. Die relative Stärke der AfD in den östlichen Bundesländern ist demnach einzig und allein ein Erfolg von Propaganda und Vorurteilen einer „selbstgewählten“ Isolation. Belege dafür hat CDU-Staatsminister Oliver Schenk nicht, außer dem offenkundigen Wahlerfolg der AfD.
Dass sich der Interviewer der FAZ damit abspeisen lässt, ist Ausdruck dafür, dass die Filterblase tatsächlich existiert – aber anders als von den Meinungsführern gedacht. Man muss sich nur an die Schlagzeilen westdeutscher Medienhäuser über das braune Sachsen erinnern, um zu wissen, dass solche besonders kruden Methoden nicht geeignet sind, etwaige krude Ideen und Vorstellungen der AfD zu bekämpfen.
Also ist es ein völlig sinnloser Ansatz der Sächsischen Staatskanzlei, die öffentlichen Medien mit Aufgaben zu betrauen, die weder demokratisch noch glaubwürdig sind. Der Erfolg der AfD beweist es. Mehr noch, die eigenen demoskopischen Untersuchungen wie der Sachsen-Monitor belegen eindeutig, dass die demokratische Sensibilität in Sachsen wesentlich ausgeprägter ist als man allgemein unterstellt. So wird von den Sachsen der Wert der Demokratie sehr viel höher eingeschätzt als ihre konkrete Umsetzung in der politischen Praxis. 89% der Sachsen halten die Demokratie für die beste aller Regierungsformen, aber 81% haben Vorbehalte.
Es sind die realen Enttäuschungen, um die es wirklich geht. Völlig absurd wird die Analyse des Staatsministers, wenn er die Probleme der ländlichen Regionen anspricht. Er stellt die steile These auf, dass der Qualitätsjournalismus in den ländlichen Räumen aufgrund geringerer Kaufkraft und weniger Werbeaufkommen gefährdet ist, dass damit das politische Interesse schwindet und sogar die Wahlbeteiligung rückläufig sei.
Das liegt aber an den monopolartigen Strukturen der sächsischen Presselandschaft. Ein entsprechendes Transparenzgesetz der AfD wurde im Landtag noch nicht einmal diskutiert. Außerdem ist es eine gesicherte Tatsache, dass die AfD mehr für die aktivierende Wahlbeteiligung auf dem gar nicht so flachen Land getan hat als jede andere Partei, mehr als jedes Redaktionsnetzwerk mit Quersubventionen aus öffentlichen Gebührengeldern auch nur vom Ansatz her geschafft hat. Der schrumpfende Zeitungsmarkt bedient nur noch eine spezifische Klientel und keineswegs die Lebensrealität der Mehrheit der Steuerzahler. Anders erklären sich bestimmte Hochburgen für Grün/Rot in Leipzig und Dresden nicht. Parteipresse und öffentlich-rechtliche Medien sind eben kein „Qualitätsjournalismus“.
Der Chef der Sächsischen Staatskanzlei sollte sich stattdessen um die Freiheit aller Medien sorgen. Auch dafür hat die AfD mit ihrer Volksinitiative und dem damit verbundenen Gesetz zur Gleichbehandlung aller Medien mehr getan als alle sächsischen Staatsminister seit der Wiedervereinigung. Nur durch einen eklatanten Mangel an Verständnis für die Aufgaben und Bedürfnisse einer allgemeinen, mehrkanaligen und demokratischen Kommunikationskultur ist diese Blockade des Fortschritts verständlich. Sind Beamte strukturell unfähig, mit offenen Systemen umzugehen?
Obwohl das Interview der FAZ mit dem sächsischen Staatsminister für Bundes- und Europaangelegenheiten Oliver Schenk die Ost/West-Befindlichkeiten der Deutschen in den Mittelpunkt stellte, ist dieses nicht nur ein deutsches, sondern ein globales Problem. Die digitale Revolution gefährdet die Herrschaft der Herrschenden. Versteckt wird die Angst vor dem Kontrollverlust hinter Begriffen wie „Filterblase“ oder „Hatespeech“. Ob es die UN, die EU oder die sächsische Provinz ist, immer soll der offene Diskurs unterdrückt und gleichgeschaltet werden. Mit allen Mitteln, die den selbsternannten Vormündern zur Verfügung stehen.
Wie kann das die Ostdeutschen mit dem Einigungsprozess versöhnen? Hier erinnern sich noch viele an die Zeit der Unfreiheit, es ist erst dreißig Jahre her.
Karin Wilke